Haushaltsrede 2022 Furth im Wald

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Sandro Bauer,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung,
sehr geehrte Further*innen,
sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,
liebe Kolleg*innen,

ein weiteres Jahr der Unsicherheit liegt hinter uns. Die Corona-Krise beeinflusst nicht nur die Sitzungsabläufe im Stadtrat, sondern auch das Leben der Bürger*innen von Furth. Das öffentliche Leben wurde immer wieder notwendigerweise eingeschränkt und Gewerbetreibende praktizierten in Zeitschleifen wiederkehrender Beschränkungen und Auflagen.

Was bedeutet dies für einen kommunalen Haushalt? Er sollte auch in diesen Zeiten notwendige Maßnahmen ermöglichen und dauerhaft die Daseinsvorsorge sichern. Die Finanzplanung sollte nachhaltig und resilient gegenüber unerwartet aufkommenden Krisen sein.

Auf den ersten Blick scheint der Haushalt 2022 unspektakulär zu sein. Bei den gewichtigen Einnahmen, Gewerbesteuer und Einkommenssteuer, scheinen wir bis jetzt mit Glück und dem Geschick unserer Gewerbetreibenden gut durch die Krise gekommen zu sein, im Gegensatz zu anderen Kommunen. Bleibt zu hoffen, dass dies so bleibt. In die Zukunft blickend muss es so bleiben, da die Entnahme von 1.38 Mio. aus der Rücklage dazu führt, dass diese nahezu aufgebraucht ist. 2025 werden nur noch 197 T verbleiben, also nahezu null. Krisenfest ist dies nicht und Unerwartetes darf nicht geschehen.

Bürgermeister Bauer könnte für das aktuelle Jahr den niedrigsten Schuldenstand seit Jahren betonen. Aufgrund des Formats der Vorveröffentlichung kann man jetzt nur spekulativ reagieren. Wenn man sich aber an vielen Orten in Furth die städtische Infrastruktur ansieht, ist allerdings in der Vergangenheit manches kaputt gespart worden. Freiwillige Leistungen, die unsere Stadt attraktiver machen, sind rar. Man muss betonen: Der aktuelle Schuldenstand wurde nicht durch Konsolidierungsmaßnahmen erreicht, sondern durch den Quell der Stabi-Hilfe, welche direkt in den Schuldenabbau floss.

2022 bekommt auch Furth im Wald endlich E-Ladesäulen – besser spät als nie. Ansonsten sind Investitionen in Klimaschutz und -anpassung im Haushaltsplan nicht zu finden bzw. nur ein zufälliger Nebeneffekt. Dieses Jahr wurde ein Planungskonzept Hochwasserschutz erstellt. Folgen daraus konkrete Maßnahmen? Unsere Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert: Daraus müssen Perspektiven entwickelt werden, um den Hochwasserschutz zu verbessern und unsere Bevölkerung in Zukunft effektiver vor häufiger werdenden Starkregenereignissen zu schützen. Wieso wurde nicht beim Längskanal Bräuhausstraße die Möglichkeit einer Vergrößerung des Querschnitts geprüft? Unter der Maßgabe Unterlieger nicht zusätzlich zu gefährden und als Ziel die Quantität und die Qualität der Überschwemmungen am Bayplatz bei Starkregenereignissen zu senken. Die von uns geforderte Erstellung eines innerstädtischen Radwegenetzes findet sich bei den Ausgaberesten 2021 und taucht 2022 nicht mehr auf. Aber es bleiben noch zwei Wochen Zeit, die Haushaltsreste sind nicht endgültig. Wir werden an dieser Stelle nicht lockerlassen. Auch die Situation für Fahrradfahrer*innen muss im Zuge der zahlreichen anstehenden Straßensanierungen grundlegend verbessert werden in unserer Stadt.

Viele Maßnahmen im Haushaltsplan 2022 sind notwendig und begrüßenswert. Hervorgehoben sei im Speziellen die Lüftungsanlage für die Grundschule, welche aktuell die Coronasituation entschärft, aber auch langfristig das Raumklima in den Klassenzimmern verbessern wird. Durch Wärmerückgewinnung ist auch eine energetische Verbesserung zu erwarten, im Gegensatz zum konventionellen Lüften durch Fensteröffnen.

Grundsätzlich unterstützen wir auch die Idee, einen Dirtpark zu schaffen. Der Etat dafür wurde auf Nachhaken unserseits von 10T auf 50T Euro erhöht. Zahlen für´s Papier? Wir befürchten, dass hier nur eine Billiglösung geschaffen werden könnte. Die uns bereits vorgestellte Pumptrack-Variante mit geteerten Pisten scheint wohl vom Tisch zu sein. Ein vollwertiger Pumptrack würde nicht nur Inliner*innen und Skater*innen die Möglichkeit bieten, sich dort auszuprobieren. Mit solch einer Anlage würde man ein breiteres Publikum erreichen, vom Grundschüler und Jugendlichen bis hin zur Erwachsenen. Zudem würde dies unserer Meinung nach weniger Folgekosten bedeuten.

Unser größter Kritikpunkt sind die veranschlagten 800.000 € für den Abriss des Hofer-Komplexes – und das bei noch unklarer Förderquote. Die Entscheidung dort steht noch aus – entgegen der weit verbreiteten Meinung, der Abriss sei schon beschlossen. An dieser Stelle sei erwähnt, dass bis jetzt nur ein Wettbewerb mit dem Konzept Mediacenter beschlossen worden ist, welches uns – und womöglich auch manche Bürger*innen – nicht überzeugt. Der Erhalt des Sudhauses erscheint uns äußerst fragwürdig. In der Machbarkeitsstudie vom 15. Dez. 20 hieß es, „Ob es sinnvoll ist, lediglich die Giebelwände zu erhalten oder auch die Längswände, müssten weitere, genauere Bestandsuntersuchungen zeigen…Dies stellt lediglich eine erste, grobe Einschätzung dar. Detaillierte Untersuchungen wurden nicht vorgenommen und waren auch nicht weiter gefordert.“ Bis jetzt, ein Jahr später wurden nähere Bestandsuntersuchungen nicht gemacht. Wir sehen dort ein vermeidbares und fahrlässiges Lotteriespiel, verbunden mit einer exorbitant erhöhten Kostenunsicherheit. Das Kopfgebäude ist laut Studie sanierungsfähig und die Kosten der Sanierung wurden mit belastbaren Zahlen hinterlegt. Zudem wäre ein Abriss in Zeiten des Klimawandels ein fatales Zeichen. Die Bestandsverwertung des Kopfgebäudes hätte eine bessere CO2 Bilanz und die vorhandene graue Energie bliebe genutzt.

Bei den bis 2024 geplanten Straßensanierungen und Hochbaumaßnahmen zwischen Bayplatz und Bahnhofstraße scheinen viele Projekte noch nicht ausgereift und terminlich noch nicht abgestimmt zu sein. Ein kaum vorstellbarer Kraftakt in der Kürze der verbleibenden Zeit. Und wie parallel zu verwirklichen? Wir halten diesbezüglich einen Bauphasenplan für zwingend erforderlich. Ansonsten werden sich manche der Bauvorhaben dort gegenseitig blockieren und zu nicht mehr vertretbaren Verzögerungen führen. Generell gilt: Wir müssen im Planen besser werden.

Wir befürchten, dass sich innerhalb des Gremiums der Kurs „wird sich schon ergeben, jetzt aber los und wird dann schon gut gehen – und das Geld kommt schon von irgendwoher“ weiter fortsetzen könnte. Die Bürger*innen bei Entscheidungen mit einzubinden fällt dann gerne unter den Tisch. Vorausschauendes Denken und krisenfeste Entscheidungen sind so eher ein Glückstreffer. Bei den flankierenden Hochbaumaßnahmen der Landesgartenschau wie Hofer, Späth-Areal und Drachenhöhle hört man von den Planer*innen und Architekt*innen viel zu oft Sätze wie: „Wir haben keine Zeit mehr…“ oder „die Zeit drängt“.

Die Landesgartenschau scheint sakrosankt zu sein, obwohl der daraus entstehende zeitliche Druck bei vielen Projekten möglicherweise suboptimale Lösungen erzwingt. Drei Millionen Euro für die Durchführung der Landesgartenschau an die entsprechende GmbH und keine Einnahmen auf der Habenseite. Das Risiko trägt die Stadt. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gilt auch: Die Landesgartenschau darf nicht auf Kosten der Natur und Umwelt gehen. Dies dräut uns, wenn man die vielfältigen Eingriffe in FFH-Gebiete entlang der Chamb im Stadtgebiet erahnt. Wir werden dort mit einem wachsamen Auge die Entwicklungen beobachten und ökologisch schädliche Maßnahmen nicht mittragen.

Die von uns genannten kritischen Punkte werden wir weiterhin konstruktiv einbringen, um so vernünftige Lösungen zu erreichen und Furth im Wald nicht dem Zufall zu überlassen. Der Haushaltsplan 2022 ist in sich schlüssig, weshalb wir diesem zustimmen werden. Zukünftige Haushaltsentwürfe sehen wir sehr kritisch und ein Blick zu den Jahren nach 2025 ist besorgniserregend. Wir als Entscheidungsträger*innen sollten nochmals in uns gehen, ob wir gewünschte Prestigeobjekte wie zum Beispiel die Drachenhöhle wirklich umsetzen wollen. Oder wir müssen spätestens 2025 ernsthaft über eine Gewerbe- und Grundsteuererhöhung sowie über Personalreduzierungen diskutieren. Besseres Planen, transparentes Agieren und nachhaltiges Handeln sollten nicht nur Vorsätze für das nächste Jahr sein, sondern sich dauerhaft etablieren.

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