Sehr geehrter Herr Bürgermeister Sandro Bauer,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung,
sehr geehrte Further*innen,
sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,
liebe Kolleg*innen,
einen städtischen Haushalt kann man nicht isoliert betrachten von der politischen und ökonomischen Lage und der Zeit, in der sich eine Kommune befindet. Es sind Zeiten, gekennzeichnet von multiplen Krisen wie Corona, Lockdowns und Lieferkettenproblemen. Seit über einem Jahr tobt ein Krieg mitten in Europa mit direkten Folgen wie explodierende Energiekosten, einer bis vor Kurzem nicht vorstellbaren Inflation sowie steigenden Zinsen und Lohnkosten. Nicht zu vergessen über alledem, die weiterhin vorherrschende und voranschreitende Klimakrise. Dies ist der Hintergrund, vor dem wir den Haushalt 2023 auch in Furth im Wald betrachten müssen.
Zuerst gilt es wiedermal unseren Gewerbetreibenden zu danken. Mit rekordverdächtigen 5,6 Mio. Euro Gewerbesteuern im Jahr 2022 steuerten sie einen deutlich über dem Ansatz liegenden Betrag bei, um so 4,1 Mio. vom Verwaltungshaushalt als Zuführung in den Vermögenshaushalt zu gewährleisten. Neben den 4,1 Mio. aus dem Einkommenssteueranteil ist dies der größte Posten auf der Einnahmenseite und spricht für eine stabile Wirtschaftslage. An dieser Stelle fällt allerdings auch die nicht mehr erhaltene Stabilisierungshilfe auf, die durch die Mehreinnahmen der Gewerbesteuer ausgeglichen wurde. Im Jahr 2023 werden nur noch 1,26 Mio. übertragen, die letzten Jahre lag die Zuführung zum Vermögenshaushalt zwischen 3,1 und 4,2 Mio. Der vorsichtige Ansatz für die Gewerbesteuer 2023 von 4,1 Mio. ist aufgrund steigender Energie- und Lohnkosten nachvollziehbar, welche auch auf unsere Unternehmen durchschlagen werden.
Besonders positiv hervorheben möchte unsere Fraktion aus der Maßnahmenliste 2023 die Investition in das Areal hinter der Dreifachturnhalle, wo unter anderem mit dem Pumptrack ein zukunftsweisendes Vorzeigeprojekt entsteht. Insgesamt ein Angebot für alle Altersschichten, aber vor allem eine Bereicherung des Freizeitangebots für Jugendliche. Dass man sich von der anfangs angedachten Billiglösung verabschiedet hat, ist mehr als gut.
Ein Beitrag zur Energiesicherheit und klimaneutralen Stromerzeugung ist die geplante PV-Anlage auf der Kläranlage. Diese sehen wir als zukunftsweisenden Anfang und fordern auf allen Dächern in städtischem Besitz die Erzeugung von Sonnenstrom. Unsere Fraktion wartet diesbezüglich aktuell noch auf eine Umsetzungsliste für alle Liegenschaften und mit einer entsprechenden Begründung, falls Dächer ungeeignet sind.
Um eines voranzustellen: Die überwiegenden Teile der städtebaulichen Maßnahmen sehen auch wir als begrüßenswert, ja sogar notwendig, vor allem in Anbetracht des Zustands mancher Straßen.
Für den angedachten Radweg von Ränkam nach Furth sind Planungskosten eingestellt. Mit Blick auf die Zukunft werden wir uns für eine zeitnahe Umsetzung einsetzen, da der Ausbau des Radwegenetzes für uns einen wichtigen Baustein zur Bekämpfung der Klimakrise darstellt.
Nun kommen wir zu unseren Hauptkritikpunkten, die folgende konkrete Einzelmaßnahmen der Landesgartenschau betreffen:
- Das teure Prestigeobjekt Loop: Wenn bei Windkraftanlagen der Standort in einem FFH-Gebiet ein absolutes Ausschlusskriterium darstellt, aber ein Betonloop mit Stahlgeländer im FFH-Gebiet im Rahmen der Planungen zur Landesgartenschau genehmigt und umgesetzt wird, dann haben sich wohl die Kriterien für die Notwendigkeiten unserer Zeit ins Surreale verschoben
- Die Investition von Steuergeldern in einem hohen sechsstelligen Betrag auf einer angemieteten Fläche in Privatbesitz, so begrüßenswert das Spielplatzkonzept auf der Regnerinsel auch sein mag.
- Der Abriss einer nicht baufälligen Brücke zum Himmelreich und anschließender Verringerung der Breite.
- Entlang der kalten Pastritz wird das uns von Prof. Metzka vorgestellte Konzept zum Hochwasserschutz nicht berücksichtigt, sondern zum Teil sogar konterkariert bzw. dadurch auf lange Zeit dort nicht umsetzbar. Der Schutz unserer Bürger*innen vor Starkregenereignissen ist als kommunale Pflichtaufgabe zu verstehen.
Dies sind Einzelmaßnahmen, bei denen wir erhebliches Einsparpotential gesehen hätten.
Wir erkennen an, dass die Landesgartenschau für die begrenzte Zeit der Ausführung eine gesellschaftliche und kulturelle Belebung erzeugen wird. Aber steht diese im Verhältnis zu den Folgen, die die Durchführung langfristig auf den städtischen Haushalt haben wird? Zur Glaubwürdigkeit von Politik gehört es auch, den Bürger*innen aufzuzeigen, wie es nach 2025 weitergehen wird und welche Folgen ein Schuldenberg von mindestens 14 Mio. Euro haben wird. Eine Zeit ohne Aussicht auf Stabilisierungshilfe. Bei der geplanten jährlichen Kredittilgung von 1 Mio. Euro und eines daraus folgenden nur noch bereinigten Gewinns von circa 600.000 € darf nichts Unvorhersehbares passieren. Bei der Entnahme aus den Rücklagen zwischen 2022 bis 2024 sind circa 5,3 Mio. Euro eingeplant. 2025 bleibt nur noch ein Rest von 700.000 €. Unsere Fraktion sieht die dauerhafte Leistungsfähigkeit ab 2025 auf sehr lange Zeit gefährdet. Unsere kommunalen Pflichtaufgaben werden, aber weiterhin zu erfüllen sein. Es wird auch nach der Landesgartenschau noch sanierungsbedürftige Straßen sowie ein undichtes Hallenbaddach geben und nicht zuletzt stellt sich möglicherweise irgendwann auch die Frage nach einem neuen Drachen.
Der Investitionsstau in der Zukunft wird seine Wurzeln in den Jahren 2023 bis 2025 haben. Eine Situation, die wir als Bürgerinnen und Bürger von Furth aus der Vergangenheit kennen und die uns schon mal einschränkte. Wir würden heute Anfang 2023 gut dastehen, weil in den vergangenen Jahren bezüglich des Schuldenabbaus vieles richtig gemacht wurde. Jetzt hätten wir die Möglichkeit, Schritt für Schritt unsere Stadtentwicklung voranzutreiben. Der zeitliche Druck, den die Landesgartenschau aufbaut, erzeugt an vielen Stellen mehr als suboptimale Lösungen. Die geballten Investitionen in so einem kurzen Zeitraum sind aus haushälterischer Sicht sehr kritisch einzuordnen.
Im Gremium wird immer wieder Mut eingefordert. Wir stellen mal die Frage: Zeugt es nicht auch von Mut, einen eingeschlagenen Weg zu ändern, weil sich die äußeren Bedingungen einfach geändert haben? In einer Zeit, in der allen Bürger*innen bewusst ist: Es ist eine neue Epoche angebrochen mit Krieg, mit einer allgemeinen Inflation, mit steigenden Baukosten und immer noch mit einer Klimakrise. All dies wirkt in sämtliche gesellschaftliche Bereiche und politische Ebenen rapide ein. In so einer Zeit verliert kein Politiker sein Gesicht, wenn er vergangene Entscheidungen revidiert oder diese neu justiert. Nein, es ist sogar eine Stärke von Politik auf ein verändertes Umfeld andere Antworten zu finden als in der Vergangenheit.
In den Vorberatungen wurde weder auf konkrete Vorschläge zur Senkung der Ausgaben im Haushaltsplan 2023 eingegangen noch Bereitschaft für eine Stärkung auf der Einnahmenseite signalisiert. Auch eine Deckelung der sehr hohen Personalkosten ist in der Zukunft nicht absehbar.
Diese Haushaltsführung plus die vorher angeführten Investitionen bei der Landesgartenschau und der allgemeine Haushaltsgrundsatz: „bei der Führung des Haushaltswirtschaft hat die Gemeinde finanzielle Risiken zu minimieren“ machen es unserer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen leider nicht möglich, dem Haushalt 2023 zuzustimmen. Wir möchten an dieser Stelle versichern: Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und hoffen weiterhin auf gegenseitige Akzeptanz unterschiedlicher Ansichten und auf ein gemeinsames konstruktives Arbeiten zum Wohle unserer Stadt.
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