Haushaltsrede 2021 Furth im Wald Bündnis 90/Die Grünen
Ein hohes Einsparpotential sieht die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mittelfristig für den Verwaltungshaushalt durch einen höheren Grad an Digitalisierung bei der Verwaltung. Aktuell ist es zum Beispiel nicht möglich, dass Bürger*innen Online ihre einfachsten An- oder Abmeldungen erledigen können.
Aber spannend ist dann zu sehen: Was machen wir dann mit dem Spielraum, den der Vermögenshaushalt zulässt. Dort ist abzulesen in welche Bahnen wir unsere Stadt zukünftig lenken wollen. Darum hat unsere Fraktion den Schwerpunkt auf die Nachhaltigkeit von Investitionen gelegt.
Wir finden dort äußerst begrüßenswerte Investitionen, wie die Digitalisierung der Grundschule oder die energetische Sanierung des Amtsgerichts.
Wir freuen uns, dass es die Erstellung eines innerstädtischen Fahrradverkehrskonzepts, auf beharrliche Bestrebungen unser Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in den Haushalt geschafft hat. Wir hoffen aber, dass sich dieser Posten im nächsten Jahr nicht bei den Ausgaberesten wiederfindet. Wenn dann der Bürgermeister noch sagt, „so ein Konzept wecke Begehrlichkeiten” machen wir uns ernsthaft Sorgen, ob es für ihn nicht nur ein Papier für die Schublade ist. Wenn wir in den nächsten Jahre schon so viel Geld für die Sanierung von Straßen ausgeben, sollten wir die schwächeren Teilnehmer*innen des Verkehrs, Radfahrer*innen, Fußgänger*innen und Gehbeeinträchtige nicht dabei vergessen und ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept für Furth umsetzen. Dies sollte kein Stillen von „Begehrlichkeiten“ sein, sondern die Anerkennung der Notwendigkeit, dass ein verändertes Mobilitätsangebot ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz ist.
Kritisch sehen wir bei den Investitionsausgaben, dass im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung für Planungen, Beratung und die Realisierungswettbewerbe (Festhalle/Festwiese und Hofer-Bräu) 824 T € vorgesehen sind. Wir waren bei der Festwiese für mehr Grün und freien Platz ohne Neubau. Dies hätte circa 400 T € an Wettbewerbs- und Beratungskosten eingespart. Der Schreitroboter hat seine Halbwertszeit überschritten und wir wissen nicht, ob sein Nachfolger auch „bewegte Führung“ machen kann. Fraglich ist auch, ob sich wieder ein Millionensponsor finden wird, der ein ähnliches Projekt mit dieser Außenwirkung baut. Darum ist dies für uns keine anhaltende nachhaltige Investition, sondern ein mit vielen Fragezeichen versehenes Prestigeobjekt.
Auch beim Hofer würden wir uns viel Geld sparen können, bis auf die Planungskosten, wenn wir eine Sanierung umsetzen würden. Dafür wäre kein Realisierungswettbewerb notwendig gewesen.
Jetzt kommen wir aber zu unserem Hauptkritikpunkt:
Nach aktuellen Berechnungen ist der Baubedarf in Furth für 53 Jahre allein durch 190 Baulücken gedeckt. Dazu kommen noch 120 Leerstände „on top“ drauf, sowie 230 Gebäude mit ausschließlich Bewohner*innen, die über 75 Jahre sind.
Erstens:
Wer bei dieser Datenbasis weiter Neuausweisungen umsetzt, widerspricht dem Punkt vier der Beschlussvorlage im Schuldenabbau Konzept, der lautet: „Des Weiteren wird unvermindert angestrebt, den städtischen Investitionsbedarf auf Investitionen mit langfristiger Nachhaltigkeit zu beschränken.“
Zweitens:
Jede*r Bürgermeister*in, der bei solchen Zahlen die Neuausweisung von Bauland als Erfolg feiert, hat die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt, die andere Prämissen fordert: Flächenversieglung vermindern, Artensterben beenden, Zersiedlung der Landschaft stoppen, Klimaschutz konsequent umsetzen. Er entzieht somit sogar nachfolgenden Generationen Lebensgrundlagen, die auch noch unberührte Natur, Flächen für Landwirtschaft oder Möglichkeiten einer kontrollierten Expansion jenseits von Wohnen brauchen.
Somit ist aus unserer Sicht die langfristige Nachhaltigkeit bei der Investition von 2,2 Mio. für die Erschließung des Baugebietes „Aufelder“ nicht gegeben. Dem gegenüber werden auf der Einnahmenseite 2,4 Millionen gestellt, in der Annahme im Jahr 2021 alle Parzellen zu verkaufen. Ein kühne Annahme, wenn man den Planungsstand beim Gewerbegebiet kennt.
Wir schaffen in den nächsten Jahren mit Aufelder, Erweiterung Eichert, Späth-Areal und privaten Investoren annähernd 100 Wohneinheiten, und das bei leicht sinkender Bevölkerungszahl. Und wie wir feststellen konnten, gibt es auch innerhalb anderer Fraktionen Zweifel am Bedarf in dieser Höhe.
Mit dieser fatalen Politik im Bereich Stadtentwicklung werden mittelfristig zusätzliche Leerstände an anderer Stelle geschaffen und nachfolgenden Generationen vermehrte Unterhalts- und Infrastrukturkosten aufgebürdet.
Alternative Lösungsansätze liegen auf dem Tisch. Die Tools des Landratsamts wurden uns präsentiert. Andere Kommunen machen es uns vor, in Bayern und deutschlandweit. Aber der Bürgermeister brachte es nach letztmaliger Nachfrage unsererseits relativ unverblümt auf den Tisch: Wir schaffen es nicht und es hat nicht oberste Priorität. Die zeitlichen Kapazitäten der Mitarbeiter*innen sind anderweitig gebunden. Anstatt Neuausweisung von Neubaugebieten voranzutreiben und Baurecht mit Biegen und Brechen nach Partikularinteressen im Außenbereich zu schaffen, sollten durch aktives Leerstandsmanagement die Baulücken aktiviert werden und alle Mittel, die das Baugesetzbuch dafür bereit hält, angewandt werden. Auch ein klares Bekenntnis zu „Innen vor Außen“ sollte endlich durch einen bindenden Stadtratsbeschluss manifestiert werden. Diese Schritte wären kurz- sowie langfristig nachhaltiger, ökologischer und ökonomischer. Die städtische Kasse könnte damit dauerhaft entlastet werden. Wir fordern an dieser Stelle auch, dass verantwortungsvolle Politik bei Neuausweisungen eine Folgekostenschätzung implizieren sollte.
Hier schimmert auch schon ein anderes Grundproblem der nächsten Jahre durch, die Landesgartenschau. Sie wird nicht nur viele finanzielle Mittel binden sondern auch viele Kräfte in der Verwaltung. Die Gefahr besteht, dass die allgemeine Stadtentwicklung abseits der Landesgartenschau auf der Strecke bleiben wird. Obwohl man vielfach Weichen stellen müsste für eine klimafreundlichere und sozialere Politik in Furth im Wald.
Bei den Gewerbegebieten ein ähnliches Bild, wie beim Wohnen. Die Stadt forciert drei neue Gebiete bzw. Erweiterungen. Auch wir sehen den Bedarf und haben uns bis jetzt sehr kooperativ gezeigt. Aber wir haben kein Verständnis dafür, dass das Gelände am „Alten Verladebahnhof“ nicht reaktiviert wird, anstatt weiter zusätzliche Flächenversieglung auf der grünen Wiese zu betreiben.
Wenn das politische Handeln der Vergangenheit zu dem Zustand der Gegenwart geführt hat, dann kann – nein, dann darf die politische Antwort auf das aktuelle Problem nicht die Antwort der Vergangenheit sein.
43 Fußballfelder an Baulücken. Wir sind auf einem der Abstiegsränge im Landkreis bei der Leerstandsquote. Wer da die Taktik nicht ändert und weiter auf die Umsetzung von Neuausweisungen setzt, fügt der Umwelt einen irreparablen ökologischen Schaden und der Stadt langfristig einen monetären Schaden zu.
Wir zweifeln nicht an der Solidität des Haushaltsplans an sich. Sondern wir sehen bei den Investitionen elementare Fehlentwicklungen im Bereich der Stadtentwicklung, die nicht dem Grundsatz der langfristigen Nachhaltigkeit entsprechen, unter anderem mit der Umsetzung der Aufelder, sowohl im Bereich Wohnen und im Gewerbegebiet. Es gäbe Alternativen.
Darum können wir leider dem Haushalt 2021 nicht zustimmen.
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